Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Donnerstag, 8. Januar 2009

Wahrheit:

Wahrheit: philosophische Kategorie, welche die Adäquatheit der Erkenntnis, ihre Übereinstimmung mit dem Erkenntnisobjekt widerspiegelt. Um das Problem der Wahrheit wurde in der ganzen Geschichte der Philosophie ein heftiger Kampf zwischen Materialismus und Idealismus geführt. Der Idealismus betrachtet die Wahrheit entweder als ein selbstständiges ideelles Wesen (objektiver Idealismus), oder er verlegt sie ausschließlich in die Sphäre des Subjekts (subjektiver Idealismus) und erklärt sie für die Übereinstimmung zwischen Bewusstseinsinhalten. Der Materialismus hat dagegen die Wahrheit auf der Basis der Widerspiegelungstheorie stets als Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem Erkenntnisobjekt betrachtet. Wesentlich Grundlagen einer materialistischen Wahrheitsauffassung wurden bereits durch Aristoteles geschaffen, doch konnte das Wahrheitsproblem erst auf dem Fundament des dialektischen und historischen Materialismus umfassend erkenntnistheoretisch geklärt werden. Wahrheit ist die Adäquatheit der Erkenntnis, die Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem Erkenntnisobjekt. Sie liegt also weder in den Erkenntnisobjekten (es gibt keine wahren Gegenstände, Prozesse usw.) noch im Bewusstsein, sondern in der Beziehung zwischen unserer Erkenntnis, unseren kognitiven (auf Erkenntnis beruhenden) Abbildern und der erkannten objektiven Realität. Die allgemeine Bestimmung, dass Wahrheit die Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem Erkenntnisobjekt ist. bedarf der Präzisierung, wenn wir die Erkenntnis im Hinblick auf ihre verschiedenen Formen, auf die unterschiedlichen kognitiven Abbilder und deren Rolle im Erkenntnisprozess betrachten.
Das Problem der Adäquatheit stellt sich für die verschiedenen Abbildformen in unterschiedlicher Weise: Die sinnlichen Abbildformen (Empfindung, Wahrnehmung) sind infolge ihres unmittelbaren Charakters, durch die Gesetzmäßigkeit ihrer Entstehung bedingt und ihrer Natur gemäß immer adäquat. Sie sind immer eine relativ adäquate Widerspiegelung der objektiven Realität und können folglich nicht falsch sein. Anders auf der Ebene der rationalen Abbildungen: Hier können sich die Begriffe von der unmittelbaren Verbindung mit der objektiven Realität lösen und in unterschiedlicher Weise zu Aussagen verknüpft werden. Daher können die als Aussagen, Aussagenverbindungen und Theorien formulierten Erkenntnisse adäquat sein oder auch nicht, d. H. wahr oder falsch.
Die Wahrheit ist also, genauer bestimmt, eine spezifische Form der Adäquatheit der Erkenntnis, die für Aussagen und darauf beruhende Erkenntnisformen, besonders Theorien, zutrifft. Sie wird definiert als Eigenschaft der Aussagen, mit dem widergespiegelten Sachverhalt übereinstimmen. Das Wahrheitsproblem hat zwei grundlegende Aspekte: „1. Gibt es eine objektive Wahrheit, d. h., kann es in den menschlichen Vorstellungen einen Inhalt geben, der vom Subjekt unabhängig ist, der weder vom Menschen noch von der Menschheit abhängig ist? 2. Wenn ja, können dann die menschlichen Vorstellungen, die die objektive Wahrheit ausdrücken, sie auf einmal, vollständig, unbedingt, absolut oder nur annähernd, relativ ausdrücken? Diese zweite Frage ist die Frage nach dem Verhältnis zwischen absoluter und relativer Wahrheit.“ (Lenin, Bd. 14, Seite 116) Unter objektiver Wahrheit versteht die marxistisch-leninistische Erkenntnistheorie die in Aussagen, Theorien usw. formulierten Erkenntnisse, die nicht vom Menschen oder der Menschheit abhängig sind, sondern als adäquate Widerspiegelung der objektiven Realität einen objektiven Inhalt besitzen. In dem Verhältnis von relativer und absoluter Wahrheit kommt der historische Charakter der Erkenntnis zum Ausdruck. In der Erkenntnis erlangen wir objektive Wahrheit, aber das ist keine endgültige, ewige, absolute Wahrheit, denn die Erkenntnis der Wahrheit ist ein Prozess der unendlichen Annäherung des Denkens an das Objekt, das immer tiefer und genauer erkannt wird. Daher vollzieht sich die Erkenntnis der absoluten Wahrheit in einem unendlichen Prozess durch die Erkenntnis immer neuer relativer Wahrheit. Die relative Wahrheit ist eine Erkenntnis, die innerhalb gewisser Grenzen, mit einem bestimmten Grad von Genauigkeit mit der objektiven Realität übereinstimmt, jedoch infolge ihrer Abhängigkeit von den historischen Erkenntnisbedingungen und den Eigenschaften des erkennenden Subjekts, in mancher Beziehung auch von der ständigen Entwicklung der Erkenntnisobjekte Elemente des Relativen enthält. Sie wird daher durch den weiteren Erkenntnisprozess, durch die Vertiefung und Präzisierung der Erkenntnis verändert. Da jede relative Wahrheit aber andererseits in gewissen Grenzen eine richtige Widerspiegelung der objektiven Realität, d. h. objektive Wahrheit ist, enthält sie zugleich Elemente der absoluten Wahrheit.

Die menschliche Erkenntnis kann sich der absoluten Wahrheit durch die relativen Wahrheiten immer weiter nähern, ohne jedoch jemals einen endgültigen Abschluss zu finden. „Ein allumfassendes, ein für allemal abschließendes System der Erkenntnis von Natur und Geschichte steht im Widerspruch mit den Grundgesetzen des dialektischen Denkens; was indes keineswegs ausschließt, sondern im Gegenteil einschließt, dass die systematische Erkenntnis der gesamten äußeren Welt von Geschlecht zu Geschlecht Riesenfortschritte machen kann.“ (Engels, MEW, Bd. 19, S. 206/207) Von der Definition der Wahrheit streng zu unterscheiden ist das Kriterium der Wahrheit. Erstere stellt fest, was Wahrheit ist; letzteres beantwortet die Frage nach der Art und Weise, wie man Wahrheit feststellt. Das Wahrheitskriterium letzter Instanz, das allen übrigen Methoden der Wahrheitsprüfung (Beweis, Deduktion, Reduktion, Entscheidungsverfahren) direkt oder indirekt zugrunde liegt, ist die Praxis. Mit dem Wahrheitsbegriff dürfen umgangssprachlich Ausdrücke wie z. B. ein „wahrer Mensch“ oder „wahrhafte Erkenntnis“ nicht verwechselt werden.
    
Aus: Kleines politisches Wörterbuch, sechste Auflage, Dietz Verlag Berlin 1986 Seite: 1039/40

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