Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Donnerstag, 29. März 2012

Gedanken zu einer Losung


Auf einer Facebookseite war ein Plakat (Pinnwandfoto) zu finden, welches sicher für einen Wahlkampf gedacht ist. Dem Plakat ist die Losung „Löhne rauf, ihr seid es wert!“ zu entnehmen, was mich zu folgende Gedanken anregte:
Lohnerhöhungen können nicht beschlossen werden, sie können nur erkämpft werden!
Auch eine Art von Wertediskussion, nur müssen Wert der Arbeitskraft und Lohn nicht unbedingt eine Einheit bilden, da der Lohn das Ergebnis eines Warenhandels ist! So liegt der Preis, welcher für die Arbeitskraft gezahlt wird, immer öfter auch unter deren eigentlichen Wert.
Lohn ist das Produkt einer Zwangsehe zwischen Kapital und Arbeitskraft, ohne welche der Kapitalismus nicht funktionieren würde, wobei der wertschöpfende Partner nicht nur als schwächer, unbedeutender dargestellt wird, sonder oft aus diesem Verhältnis seinen eigentlichen Wert nicht einmal generieren kann. Der Prolet schlüpft in dieser Zwangsehe heute in diesem Lande leider all zu oft in die Rolle des nicht emanzipierten Weibes!    
„Löhne rauf, ihr seid es wert!“ Eine eher populistische Losung, allein schon weil sie Lohnempfänger als Objekt und nicht als Subjekt betrachtet! Ja, wer ist eigentlich der Adressat für diese Forderung, wem sie Balsam für die geschundene Seele sein soll, ist klar, nur wer soll sie erfüllen?
Gedanke am Rande: wenn z. B. die FDP fordert, Steuern zu senken, dann wissen wir für wem dieses gilt, wir wissen auch, wer sich für Steuersenkungen einsetzen wird, wenn er an die Regierung kommt und diese für die eigne Klientel auch durchsetzt, wenn es die Verhältnisse innerhalb der herrschenden Klasse zulassen. Nun ist es im Falle von Lohnabhängigen etwas anders, diese gehören der herrschenden Klasse nicht an und eine Partei, welche im parlamentarischem Spiel der Demokratie agiert, hat sich den Geflogenheiten zu beugen, oder sie fliegt aus dem parlamentarischen Getriebe. Über gegebene demokratische Wege sind Lohnerhöhungen nicht möglich, ohne die gesellschaftlichen Verhältnisse grundsätzlich zu ändern, müssen sie permanent erkämpft werden.    

Der Text zum Foto regte mich wiederum zu folgende Gedanken an:

Nun steht die Linke KV Rhein-Sieg solidarisch zu den Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes. Das aber „das Angebot der Arbeitgeberseite … eine absolute Frechheit“ ist, zeugt von der Blauäugigkeit mit welcher selbst Politiker der Linken an dieses Problem heranzugehen scheinen. Hier geht es nicht um Angebot und Nachfrage, sondern um das Aushandeln eines Preises für die Ware Arbeitskraft, also um Warenhandel. (Auch geht es hierbei nicht um Umverteilung, sondern um Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums.) Da nun aber nur der Mensch über die Ware Arbeitskraft verfügt, sie nicht anders generiert werden kann, als über den Menschen selbst, wird sie oft idealisiert und mit den Menschen gleichgesetzt, nicht zu vergessen, Arbeit auf abhängige Beschäftigung zu beschränken.
Grundsätzlich braucht es aber nicht zu wundern, wenn Arbeitskraft wie auf einem arabischen Basar gehandelt wird, der der sie verkaufen muss, möchte einen möglichst hohen Preis, der sie kaufen muss, einen möglichst niedrigen. Eine jede Seite ihrem Interesse entsprechend! An diesem Punkt kommt eigentlich die Politik ins Spiel, aber nicht im heute verklärten Sinn, über den gesellschaftlichen Verhältnissen stehend, sie gar bedingend, sondern ihrem eigentlichem Wesen entsprechend, als „das Verhältnis zwischen den Klassen, in Bezug auf die politische Macht, auf den Staat; sie ist das Wechselverhältnis zwischen allen Klassen und Schichten einer Gesellschaft, zwischen den Staaten und Nationen. Sie ist der „konzentrierte Ausdruck der Ökonomik“ (Lenin, Bd. 32 S. 15), ihre Verallgemeinerung und Vollendung, d. h., in ihr finden die grundlegenden Klasseninteressen ihren Niederschlag. Die Politik durchdringt alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Der Inhalt der Politik nach innen und außen wird durch die Interessen der jeweils herrschenden Klasse bzw. eines Klassenbündnisses bestimmt.“
Wenn also „die Reallöhne … in Deutschland – im Gegensatz zu fast allen anderen EU-Ländern, seit Jahrzehnten gesunken“ sind, so ist dieses ein klarer Ausdruck für die bestehenden Machtverhältnisse in diesem Land, auch das die Gewinne im Gegenzug erheblich gestiegen sind, bezeugen dieses nur. Von den Folgen der Politik in Deutschland auf die Politik der EU und einzelner EU-Ländern kann in diesem Zusammenhang einmal abgesehen werden. Da Parteien nicht, wie aber gern behauptet, im allgemeinen Interessenvertreter sind, ist es auch fraglich, wessen Interessen die Partei die Linke vertritt, abgesehen von Solidaritätsbekundungen! Ihrem eigenem Bekunden nach ist sie ja keine Klassenpartei, sondern pluralistisch aufgestellt, nur in wessen Interesse?
Oberflächlich und bezeichnend ist auch die Aussage: „eine kräftige Lohnerhöhung wäre die richtige Antwort auf Beschwerden über sinkende Binnen-Nachfrage“! Richtig, nur ist diese Aussage im Interesse der Lohnabhängigen? Diesen geht es in erster Linie darum, ihre Arbeitskraft besser verkaufen zu können, um so ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Kampf gegen eine sinkende Binnennachfrage ist in erster Linie im Interesse jener Kräfte des Kapitals, welche Vordergründig von dieser partizipieren, also weniger und nicht für den Export produzieren. An dieser Stelle entpuppt sich Politik innerhalb parlamentarischer Vertreterdemokratie als eine Form des Interessenausgleiches innerhalb der herrschenden Klasse selbst. Dieser Interessenausgleich funktioniert immer schlechter, da es nicht unerhebliche Verschiebungen im Machtgefüge zu Gunsten einer Fraktion des Kapitals gegeben hat. Speziell das auf Export setzende Finanzkapital (Finanzkapital = verschmolzenes Industrie- und Bankkapital) hat in den letzten Jahrzehnten an Einfluss gewonnen und steuert mittels beständigen Abbaus demokratischer Rechte auf eine Diktatur, auf Alleinherrschaft, zu. Der Schrei nach erhöhter Binnennachfrage, ist der Schrei nach Rettung einer Kapitalfraktion, dessen Einfluss in den letzten Jahren zurück gedrängt wurde und zu dessen Interessenvertreter sich die Partei die Linke entwickelt. Wenn aber auch diese Kräfte von der Binnennachfrage leben und von Lohnerhöhungen partizipieren würden, sind sie in den seltensten Fällen bereit selbst entsprechend höhere Löhne zu zahlen, eher begründen sie mit sinkender Binnennachfrage die „Notwenigkeit“ niedriger Löhne. Die Anarchie kapitalistischen Wirtschaftens lässt grüßen!
Der Kampf um höhere Löhne ist vorbehaltlos zu unterstützen und auch ein Kampf zum Erhalt demokratischer Verhältnisse, die Beweggründe einer solchen Unterstützung sind aber nicht unbedeutend, da auch höhere Löhnen die Probleme kapitalistischen Wirtschaftens nicht lösen können. Der Grundwiderspruch des Kapitalismus wird dadurch nicht aufgehoben, ganz im Gegenteil, er spitzt sich weiter zu. Und einmal davon abgesehen, dass es immer mehr Menschen gibt, welche vom Verkauf ihrer Arbeitskraft, die Reproduktion dieser nicht einmal gewährleisten können, werden auch immer mehr ganz aus diesem Prozess ausgeschlossen. Sind somit maximal noch Reserven des Kapitalverwertungsprozesses, Reserven, welche auf Grund der Produktivkraftentwicklung innerhalb des Kapitalismus kaum noch Aussicht auf Verwertung haben.
Dieser gesetzmäßigen Entwicklung innerhalb des Systems des Kapitals ist mit Begriffen wie „Unding“, „Frechheit“, „dreist“ und ähnlichen nicht beizukommen, es nutzt auch wenig, Missstände zu benennen und z. B. festzustellen, „Sozial- und Lohndumping ist angesichts steigender Gewinne und großzügiger Geschenke an Reiche und Konzerne ein Unding,“ ohne die objektiven Ursachen von Sozial- und Lohndumping aufzudecken.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen