Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Dienstag, 9. Oktober 2012

Antwort auf einen Kommentar.

Nun ist meine Antwort zu einem Kommentar zu diesem Beitrag etwas lang ausgefallen und so werde ich diese im folgenden als eigenständigen Beitrag veröffentlichen.

Nun Stefan W.,
ich bin kein Anhänger von Gesell, ich bin nicht einmal ein Anhänger des Systems des Kapitals, egal welche Spielart in der politischen Ökonomie gerade das Sagen hat. Gegenwärtig ist es der Neoliberalismus, vorher waren es die Ansichten Gesell`s, welche eine entscheidende Rolle spielten. Neuerdings wird letzterer wieder in den Vordergrund gerückt, weil die neoliberale Politik wiedereinmal gescheitert ist, wie vordem schon die Apologeten von Gesell. Egal welche dieser Theorien, sie haben eines gemeinsam, sie sind zum Scheitern verurteilt, weil sie über die Interpretation wirtschaftlichen Seins zum Erhalt des Systems des Kapitals nicht hinausreichen. Den praktischen Beweis dafür haben sie eigentlich im Zuge ihrer Anwendung zur Genüge erbracht. Somit taugt die zitierte Erklärung von Gesell nicht im geringsten um die wirklichen Ursachen der Krisen zu erkenne. Eher wird abgelenkt, dem „Sparer“ und dem Zinssystem die Schuld gegeben. Doch ist der Sparer schuld, wenn die Wirtschaft ins stocken gerät? Und das weil er für sein gespartes Zinsen haben möchte?
Der Neoliberalismus hat seit Übernahme des Geschäfts die Probleme kapitalistischen Seins nicht gelöst, sie wurden nur etwas verschoben und erheblich verschärft, wobei diese Verschiebungen genutzt werden konnten etwas Zeit zu gewinnen, die Verteilung (mittels Hartz IV, Ausbau des Niedriglohnsektor, Zunahme von Leiharbeit und prekärer Beschäftigung) wie auch Umverteilung (mittels Steuerentlastungen für Reiche und z. B. Energiekostenentlastung für große Unternehmen und Belastung weiter Bevölkerungsschichten mit diesen Kosten) gesellschaftlichen Reichtums zu Gunsten der Besitzenden an den Produktionsmitteln zu verschieben. Nur ist aufgeschoben, nicht aufgehoben und so entfaltete die allgemeine Krise des Kapitals um so härter ihre Potenziale. Den Schalter nun wieder umzulegen, könnte ebenfalls etwas Zeit verschaffen, mehr aber nicht und das ohne potenzierende Auswirkungen vermeiden zu können. Es ist nämlich nicht so, dass regionales Wirtschaften, regionale Geldkreisläufe ohne Zinsen, vermehrte Investitionen des Staates, volkswirtschaftliche Probleme welche sich aus dem System des Kapitals ergeben, lösen könnten und das ohne Berücksichtigung der allgemeinen Produktivkraftentwicklung.
Sie haben somit recht, dass entsprechende Maßnahmen dienlich sind, der vollen Entfaltung von Krisen bremsend entgegen zu wirken, wobei die Wirkung beschränkt bleibt, die Auswirkungen der Krisen dafür um so heftiger sein werden. Das Kernproblem Ihrer Argumentation liegt im Zinssystem begründet und zwar in der Bedeutung welchen Sie diesem beimessen, als Hauptursache gesellschaftlicher Verwerfungen. Letztlich ist das Zinssystem nicht mehr, aber auch nicht weniger, als ein Instrument zur Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums, also jenes Teils des gesellschaftlichen Reichtums, welcher im Verteilungsprozess den Kräften des Kapitals abgerungen wurde.

Letztlich geht es nicht um Geldkreisläufe, so wichtig sie auch für das funktionieren des Systems des Kapitals sind, sondern um Kapitalakkumulation zum Zwecke der Generierung von Profit. Das Ganze hat mit Wertschöpfung zu tun und diese erfolgt eben nur in der materiellen Produktion, unter Ausnutzung des Umstandes, das der Mensch in der Lage ist, mehr Wert zu schaffen, als seine eigene Arbeitskraft Wert ist! Was aber, wenn auf Grund der Produktivkraftentwicklung immer weniger Menschen in der Produktion gebraucht werden, somit auch immer weniger Wertschöpfung stattfindet, aber immer mehr Kapital zur Akkumulation zur Verfügung steht?
Wie schon geschrieben, Kapital muss akkumulieren, wenn dieses in der realen Wirtschaft mittels Wertschöpfung immer weniger möglich ist, akkumuliert es fiktiv! Damit aber das Ergebnis dieser Akkumulation letztlich in realen Profit umgewandelt werden kann, wird der Staat gebraucht und genutzt. Dieser wird verpflichtet sich zu verschulden, um die Ergebnisse zukünftiger Wertschöpfung heute schon abzuschöpfen. Fraglich nur wie weit in die Zukunft vorgegriffen werden kann? Fest steht, dass heute schon in einem Maße vorgegriffen wurde, welches bei weiterer Entwicklung weit über die realistischen Möglichkeiten der Zukunft hinausreicht. Zu sehen ist das gegenwärtig sehr gut an den verschiedensten Bankenrettungsprogrammen, wobei diverse Rettungsschirme für „notleidende“ europäische Staaten sich bei genauer Betrachtung auch als solche entpuppen. Letztlich dient diese Bankenrettung nur der sicheren Umwandlung von fiktiven in reales Kapital und somit in reale Gewinne! Auch in diesem Fall ist Geld, wie auch eventuelle Zinsen nur Mittel zum Zweck, nicht der Zweck! Ebenfalls wäre zu Fragen, welchem Zweck die aufgenommen Kredite dienten, welche heute etliche Staaten an den Rande des Ruins treiben? Wie im privaten Bereich, handelte es sich in erster Linie um „Konsumentenkredite“, mit welchen in den meisten Fällen Waren und Dienstleistungen bezahlt wurden, oft aus den Ländern, aus denen die Kredit gebenden Banken stammen. Zurecht wird die dahinter steckende Verschmelzung von Bank- und Industriekapital, Finanzkapital genannt. Eine erfolgreiche Symbiose seit über 100 Jahren! Der Staat wiederum ist ein Instrument dieser Symbiose, welcher die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen und die Interessen zu waren und durchzusetzen hat. Diesen Interessen folgend könnte von einem Zwang zur Verschuldung gesprochen werden, ansonsten nicht! Letztlich zeigt staatliche Praxis in wessen Interesse sich verschuldet wird und in wessen Interesse nicht, im letzteren Fall wird dann das Lied von diversen Sparzwängen gesungen.
Was in diesem Zusammenhang nun die „hohe“ Politik betrifft, so wäre zum einen zu klären, was unter Politik verstanden wird und in diesem Zusammenhang die Rolle der Selben. Aber selbst im Falle der Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, geht es nicht um irgendeinen Zinsfuß, sondern um Kapitalverwertung, um den Reproduktionsprozess und dessen Beschleunigung. Übrigens wird in einem Krieg jegliche Form von Waren vernichtet, welches deren Reproduktion erforderlich macht. Das in diesem Fall insbesondere die Ware Arbeitskraft der Vernichtung anheim fällt, muss nicht gesondert erwähnt werden. So waren im Ergebnis des zweiten Weltkrieges nicht nur die Grundlage des bundesdeutschen „Wirtschaftswunders“ geschaffen worden, sondern auch ca. 6 Millionen arbeitslose Deutsche (1932) in ca. 6 Millionen tote Deutsche (1945) verwandelt. Im Ergebnis des zweiten Weltkrieges lagen nicht nur Europa, Nordafrika, weite Teile Asiens in Schutt und Asche, sondern es waren auch über 50 Millionen Menschen umgekommen.
Dabei war in diesem Zusammenhang der Krieg nicht der „Vater aller Dinge“, sondern ein Instrument die Kapitalakkumulation am Laufen zu halten. Krieg steht für Zerstörung und auch wenn Schöpferkraft eine zerstörende Seite hat, ist Zerstörung nicht gleicht Schöpferkraft. Imperiale Kriege haben die Menschheit in ihrer Entwicklung immer zurückgeworfen, selbst wenn es Profiteure gegeben hat, das allein schon auf Grund der immensen Produktivkraftvernichtung, mit welchen sie verbunden sind. Ganz kann Kriegen allerdings Schöpferkraft nicht abgesprochen werden, aber nur wenn sie im Ergebnis die Ursachen ihres Seins beseitigen, also das System, welches sie hervorgebracht hat, wie es am Ende des zweiten Weltkrieges in einigen Ländern durchaus der Fall gewesen ist, in dem versucht wurde ein sozialistisches, ein von Ausbeutung freies System aufzubauen. Doch auch ohne Krieg werden heute immer mehr Produktivkräfte in Destruktivkräfte verwandelt und das nicht folgenlos, die gegenwärtigen Auseinandersetzungen in den verschiedensten europäischen Staaten (z. B. Griechenland, Portugal, Spanien) zeugen davon.
Auch handelt es sich nun nicht um eine „Liquiditätsfalle“ in welche getapst wurde und selbst wenn der Geldfluss ins stocken geraten würde, wären die Folgen nicht so verheerend, wie im Falle eines stockenden, oder gar unterbrochen Warenflusses. Die Umsetzung einer „freiwirtschaftlichen Geld- und Bodenreform“ nach Gesell stellen hingegen keine Lösung für die gegenwärtigen, dem kapitalistischen Wirtschaften entspringenden und entsprechenden Problemen dar, da diese nicht das kapitalistische System, mit seiner Grundlage des Privateigentums an den entscheidenden Produktionsmitteln in Frage stellen. Gedacht sei in diesem Zusammenhang auch daran, dass die deutschen Faschisten durchaus ihre Freude an den Theorien von Gesell, aber auch an der Philosophie eines Nietzsche hatten und das nicht ohne Grund!

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