Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Mittwoch, 16. Juli 2014

Gedanken zum Tag – nachts ein kühles Lüftchen -

07.07.14 – Am Wochenende war es warm, nachts ein kühles Lüftchen, welches allerdings nur mäßig für Abkühlung sorgte. Heute ist es etwas kühler, sieht nach Regen aus, auf jeden Fall nicht so schweißtreibend wie in den letzten Tagen. Samstag hatte ich in der MZ gelesen, dass der dm Markt nun in der Steinbrücke einziehen kann, da kein Widerspruch gegen ein entsprechendes Urteil eingelegt wurde. Nun kann erweitert werden und die Verkaufsfläche vergrößert. Nicht das es sonderlich interessant wäre, oder allgemein berührend, wenn in den Hofraum reingebaut wird, selbst wenn es der Gestaltungssatzung der Stadt nicht entspricht. Den meisten Quedlinburgern wird dieser Vorgang sonst wo vorbei gehen, ohnehin werden diese es nur mittels Zeitung erfahren, wenn sie diese den lesen. Bezeichnend ist dieser Vorgang in einem ganz anderen Sinne, denn hier wird gezeigt, wie es um oben genannte Satzungen und andren Regeln in diesem Land bestellt ist.
Gravierender allerdings die Folgen fürs demokratische Sein und dessen Beschränktheit in diesem Lande. (Eigentlich nicht die Folgen fürs demokratische Sein, sondern es handelt sich eher um eine Offenbarung, demokratischem Seins betreffend.) Schon Kindern in der Schule wird die praktizierte Demokratie als das Nonplusultra gepredigt. Als die Form, in welcher Menschen ihre Interessen artikulieren sollen, als das Werkzeug um ihre Interessen durchzusetzen. Ein System hohen politischen Seins, mit welchem die westliche Welt am liebsten den gesamten Rest der Welt beglücken will. Dafür werden sogar Kriege geführt und Menschen getötet. Nur was ist das für eine Demokratie?
Erst einmal eine sehr realistische und alle die behaupten, dass wir in diesem Land keine Demokratie haben, sollten sich lieber von ihren Illusionen trennen, welche sie von derselben haben. Illusionen kommen aber nicht sonst woher, sondern sie werden geschaffen, vermittelt und verbreitet. Kindern in der Schule werden die vermeidlichen Segnungen der parlamentarischen Vertreterdemokratie gepredigt, in Dogmen manifestiert wird Widerspruch nicht geduldet, allgemein und absolut soll sie sein, ein Instrument des Interessenausgleiches, die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit, wobei Minderheitenrechte zu wahren sind. Genau betrachtet hat sich an Demokratie seit ihrer Entstehung nicht viel geändert, Demos, das Volk, Kratie, die Herrschaft, kurz Volksherrschaft. Und wo geherrscht wird, wird auch beherrscht, ansonsten würde der ganze Zirkus keinen Sinn machen. Die alten Griechen waren so ehrlich das Volk zu definieren, es waren in der Regel die besitzenden Männer, welche frei waren und in der betreffenden Region verwurzelt, z. B. in Athen. Zum Volk gehörten nicht die Sklaven, die Besitzlosen, Kinder und Frauen. So gesehen klar erkennbar, wer über wem herrschte und wer beherrscht wurde. Heute hingegen wird ein jeder zum Volk gerechnet, welcher der gleichen Nationalität angehört. Da so zum Beispiel jeder Bewohner der Bundesrepublik, welcher über die entsprechende Staatsbürgerschaft verfügt, dem Volke zugerechnet wird, wird der Irrglaube verbreitet, dass diese auch zum Volk, zu den Herrschenden gehören und mittels ihrer demokratischen Rechte diese Herrschaft ausüben. Das sich diese Rechte in der Regel auf das Recht zur Wahl beschränken, scheint den Meisten dabei nicht einmal sauer aufzustoßen. Oder? Nein so ist es nicht, rückläufige Wahlbeteiligung lässt auf anderes schließen.
Nun steht dem Volk ein aktives und ein passives Wahlrecht zu und damit nichts aus dem Ruder läuft, also die grundsätzlichen Machtverhältnisse erhalten bleiben, wurden entsprechende Sicherungsmechanismen eingeführt. Diese sind nicht unbedingt neu, werden aber sich ändernden Verhältnissen angepasst.      

08.07.14 – Gestern nach dem ich Thale verlassen hatte, begab ich mich nach Gernrode, die dortige Stiftskirche war mein Ziel. Dort angekommen parkte ich das Auto unterhalb der Stiftsmauer und betrat den Stiftsbereich. Als erstes betrachtete ich diesen romanischen Kirchenbau von außen, soweit dieses möglich war. Dann entschloss ich mich die Kirche zu betreten, hinter dem nördlichem Seitenportal findet sich eine Loge, in welcher eine Aussichtsperson sitz und verschiedene Mitbringsel angeboten werden. Neben Postkarten gibt es unterschiedliche Publikationen zur Kirche selbst, so auch einen Kirchenführer, welchen ich beim Verlassen der Kirche erwarb. Vorher allerdings durchstreifte ich die Kirche soweit es ging. Beim Verlassen der Kirche stellte ich fest, dass das Aufsichtspersonal gewechselt hatte. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte, dass es 14:45Uhr war und da täglich um 15:00Uhr eine öffentliche Führung angeboten wird, entschloss ich mich zu warten und an dieser teilzunehmen.  Die Führung war gut und ich konnte viel Interessantes erfahren. Am meisten beeindruckte mich die Beschreibung der bildlichen Darstellungen an der Westwand des Heiligen Grabes. Nach Abschluss der Führung gab es die Möglichkeit weitere Frage zu stellen und zu diskutieren. Diese Möglichkeit wurde von den meisten Teilnehmern genutzt, nach dem sich in den Kreuzgang begeben wurde. Vom Kreuzgang aus war ein Blick ins Heilige Grab, welches im Rahmen von Sonderführungen besichtigt werden kann, möglich.
Wie schon erwähnt, erwarb ich beim Verlassen der Kirche ein Heft mit Informationen zur Kirche, welches wären der Führung empfohlen wurde. In diesem Heft wird zu Beginn auf die Bedeutung der Ottonen für die Entwicklung der Kulturlandschaft am Rand des Harzes verwiesen, wobei fälschlicherweise von „deutsche Könige und Kaiser“ die Rede ist. Und auch wenn mit Heinrich I., durch den Erhalt des Ostfrankenreiches in seinem territorialen Bestand, die Grundlagen für ein späteres deutsches Reich gelegt wurden, kann zur Zeit der Ottonen eigentlich von einem solchen noch nicht gesprochen werden. Heinrich I, wie seine Nachfolger, waren Könige des Ostfrankenreiches und sein Sohn Otto I. später Kaiser. Aber nicht Kaiser der Deutschen, welches zitierte Aussage unterstellt, sondern Kaiser Romanum.  
Der Gründer des Stiftes Gernrode war ein treuer Gefolgsmann Otto I. und wurde von diesem entsprechend entlohnt und gefördert. Er hat nicht nur dazu beigetragen die Macht Ottos I. zu sichern, sondern diese auch erheblich auszubauen, so dass es diesem gelang sich 962 in Rom zum Kaiser salben zu lassen. Entscheidend hatte Gero zur Eroberung slawischer Gebiete östlich der Elbe beigetragen, zu deren Verwalter er bestimmt wurde. Als Markgraf der Ostmark konnte er seine Stellung ausbauen und eine Reihe von Privilegien erwerben. Die im Heft erwähnte Christianisierung der Slawen hielt sich allerdings in Grenzen, da die eroberten Gebiete während der Regentschaft Otto II. wieder verloren gingen. Erst der im Heft ebenfalls erwähnte Albrecht der Bär eroberte slawische Gebiete bis an die Oder dauerhaft. Überhaupt war das Christentum zu Zeiten der Ottonen eine Religion in der Region, da der Kampf mit den hergebrachten Stammesreligionen lange noch nicht abgeschlossen war. Zur Zeit der Entstehung des Stiftes in Gernrode war das Christentum die Religion der Herrschenden, was letztlich seinen Niederschlag in den Strukturen der Kirchen fand. Dieses herrschaftliche Stift diente der Erziehung, Ausbildung und Versorgung von Damen aus hochadligen Kreisen. Überhaupt fanden sich in solchen Stiftungen, aber auch in Klöstern, in erster Linie Angehörige aus Adelsgeschlechtern, welche dort eine Ausbildung erhielten, aber auch ihrer Stellung entsprechend versorgt wurden. Die durch das Christentum beförderten gesellschaftlichen Verhältnisse[S1]  und die damit verbundene Rollenverteilung in der Gesellschaft, führten dazu, dass die meisten Klöster der damaligen Zeit Frauen[S2]  beherbergten[S3] . Das es nun in der zweiten Hälfte des 10 Jahrhunderts mit dem freiweltlichen Stiften in Quedlinburg und Gernrode zwei benachbarte Stiftungen für Damen aus hochadligem Hause in unmittelbarer Nähe gab, verweist in erster Linie auf die Bedeutung dieser Region für das Reich zur damaligen Zeit. Hier fand sich das Kernland ottonischer Herrschaft, in welchen die Machtverhältnisse eindeutig für das Herrschergeschlecht geklärt waren. Die Stiftungen wurden mit weitreichenden Privilegien ausgestattet und nicht umsonst gehört das Privileg der Immunität dazu. Zur Sicherung der Macht wurde sich den Möglichkeiten, aber auch den Vorstellungen der damaligen Zeit entsprechend abgesichert.  
Der Kampf der Religionen dauerte ca. 500 Jahre. Wenn von der Christianisierung der Sachsen durch die Franken Karls des Großen um 800 ausgegangen wird, so hatte sich das Christentum als führende Religion im 12/13 Jahrhundert im heute mitteldeutschen Raum durchgesetzt. Bis zur Reformation waren die alten Religionen weitgehend verdrängt, wobei sich mit den Überbleibseln dieser Religionen auf brutalste Art und Weise auseinandergesetzt wurde. Ein Beispiel solcher Auseinandersetzungen gipfelte in den Hexenverbrennungen der beginnenden Neuzeit. Allerdings hatte das Christentum zu dieser Zeit seinen Zenit schon überschritten und befand sich selbst in einem Abwärtstrend, welchen auch die Reformation nicht mehr stoppen konnte. Die hochherrschaftlichen Stiftungen in Quedlinburg und Gernrode hatten zu dieser Zeit allerdings ihre ursprüngliche Bedeutung lange verloren.    
Die Reformation sollte nicht ohne Folgen für diese Einrichtungen bleiben, wobei die Stiftsdamen in Gernrode sich wesentlich früher zur Reformation bekannten, als in Quedlinburg[S4] .
Im Heft zur Stiftkirche Gernrode finden sich Zeittafeln, welche einen interessanten Überblick bieten, insbesondere durch die Nebenanstellung von „Ortskirchengeschichte“ und „Weltgeschehen“. Wie heute allerdings üblich, steht im Mittelpunkt des Heftes, das geistige Leben im Stift und nicht dessen konkret historische Ursachen. Das dieses Leben im Verlauf der Zeit Wandlungen unterlag, steht außer Frage, nur waren auch diese äußeren Umständen geschuldet. Die sozial-ökonomische Grundlage der Gesellschaft hatte sich geändert und beständig weiterentwickelt, neue Akteure erschienen auf der Bildfläche und entfalteten Wirkung, veränderten die Gesellschaft, veränderten die Herrschaftsverhältnisse. Stiftungen wie in Gernrode und Quedlinburg gehörten der Vergangenheit  an und hatten bald ihre ursprüngliche Notwendigkeit verloren. Sie existierten lange darüber hinaus weiter, als Relikte aus einer längst vergangenen Zeit.               


 [S1]Karl der Große zum Beispiel hatte noch 8 Frauen zur selben Zeit, bei den Ottonen war dieses nicht mehr üblich. Die historischen Ursachen für eine Verbindung mit mehreren Frauen allerdings bestanden nach wie vor. Wohin also mit dem Frauenüberschuss, wenn es religiös verpönt ist, mit mehreren Frauen verheiratet zu sein, in Adelskreisen sich einen Harem zuzulegen?
Die Ursachen für den Frauenüberschuss waren objektiv, zwar werden mehr Knaben geboren, wobei die Kindersterblichkeit bei diesen auch höher ist, zudem müssen diese in adligen Kreisen das Waffenhandwerk erlernen und ihr Haut auf so manches Schlachtfeld tragen. Außerdem wurden bei Übergriffen auf fremdes Territorium, wie sie nicht nur  die Ungarn praktizierten, meist die Männer erschlagen und Frauen und Kinder versklavt. 

 [S2]Die Rolle der Frau auch als der Person, welche in erster Linie für die Erziehung und Entwicklung der Kinder in den ersten Jahren verantwortlich zeichnet.

 [S3]Erziehung und Bildung sind Faktoren der Machtausübung, wer die Bildung und Erziehung kontrolliert, ist damit in der Lage Menschen zu kontrollieren. Dieses war (und ist) zum Erhalt der Herrschaftsstrukturen notwendig. Dazu war es für das Herrschergeschlecht wichtig, mögliche Konkurrenten um die Macht zu beherrschen. Diese Machtausübung wurde unter anderem durch Einfluss auf die Nachfahren der Adelshäuser ausgeübt. So erhielten die Damen in solchen Stiftungen nicht nur eine gute Ausbildung und eine ihrem Stand entsprechende Versorgung, sondern sie wurden unter Umständen auch als Druckmittel gegenüber ihrer  Elternhäusern eingesetzt.
Zu berücksichtigen ist auch die enge Verzahnung von Staat und Kirche im Mittelalter, die Verfestigung kaiserlicher Herrschaftsstrukturen bedingte zuvorderst die Christianisierung der eignen Machtstrukturen.
-   Die feudale Gesellschaft, hervorgegangen aus der Stammeskultur und den Resten römisch antiker Staatsform, wandelte das Christentum mit dem Katholizismus, der römischen Papstkirche, zur ihren politischen Verhältnissen entsprechenden Religion.
-   Eine andere Entwicklung nahm das Christentum innerhalb der antiken Staatsform, so in der orthodoxen Kirche des byzantinischen Reiches 

 [S4]Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Äbtissin von Quedlinburg nicht nur den Status einer Kirchenfürstin, sondern auch den einer weltlichen Fürstin innehatte.

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