Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Samstag, 16. Januar 2016

Einen Hinweis habe ich erhalten, es ...

Einen Hinweis habe ich erhalten, es wird eine Demo geben, das Thema nicht uninteressant, aber den eigentlichen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht Rechnung tragend. Letztlich wird der Bauer in unserer Gesellschaft auf dem selben Altar geopfert werden, wie der Kleinbürger, welcher im Laufe der Zeit durch den Mittelstand ersetzt wurde. Gelegentlich ist er noch anzutreffen, allerdings hat er in der Regel seine Eigenständigkeit verloren. Und so ist das Thema: „Wir haben Agrarindustrie satt!“ eher ein verzweifelter Hilfeschrei, als eine realistische Suche nach einer Lösung der aufgezeigten Probleme.
„Was uns verbindet: wir fordern den Stopp der industriellen Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion und eine Förderung bäuerlicher Betriebe!“
Wir haben es satt! Wirklich, haben wir die Agrarindustrie satt? Oder was haben wir eigentlich satt, oder sollten zumindest satt haben?
Zwei Ansätze des Nachdenkens zum Thema:
1.) Nettes Demothema, wir haben es satt, weil wir satt sind und uns leisten können, es satt zu haben!? Die Forderungen sind schlicht naiv zu nennen wenn nicht* … und wer eine moderne Landwirtschaft haben möchte, welche am Interesse des Menschen orientiert, der kommt grundsätzlich um *fundamentale Kapitalismuskritik nicht herum! Dabei ist es verständlich, dass der Bauer Agrarindustrie satt hat, bedeutet die Agrarindustrie doch die Abschaffung des Bauern als gesellschaftliches Subjekt.
Aber steht deswegen die Landwirtschaft am Scheideweg? Oder wandelt diese nicht schon lange auf kapitalistischen Pfaden? Kann sie überhaupt auf anderen Pfaden wandeln, heute und hier, im System des Kapitals? Auf den Pfaden kleinbäuerlichen Wirtschaftens etwa? Zurück zu feudalen Verhältnissen also, mit Fron und Leibeigenschaft?
Für die Bauern bietet sich allerdings eine Möglichkeit, wirtschaftlich den Agrarkonzernen entgegen zu treten, die Gründung von Genossenschaften. Diese allerdings werden von der Agrarindustrie, aber auch von so manchem Einzelbauern bekämpft, was nach 1990 im Osten Deutschlands gut zu sehen war. Vorgeblich wurden Wiedereinrichter gefördert und so motiviert löste manch Bauer sein Eigentum aus der LPG heraus und machte sich selbstständig. Manch Bauer ließ sich auszahlen und wunderte sich anschließend das sein Arbeitsplatz mit der Auszahlung ebenfalls futsch war. Aus Sicht der Agrarindustrie gab es aber keine andere Möglichkeit, eine Genossenschaft konnte mit Hilfe der Treuhand nicht so einfach abgeschafft werden, wie zum Beispiel ein volkseigenes Gut, oder andere Betriebe im Volkseigentum. Der Weg führte also erst einmal zurück, um letztlich entsprechend kapitalistischen Wirtschaftens, die nun kleine und zersplitterte Konkurrenz auszuschalten. In einer Nische, ökologischer Landbau z. B., konnte der eine und andere Betrieb überstehen, bis die Agrarindustrie diesen Markt für sich entdeckte. Die Kleinproduzenten haben die Voraussetzungen geschaffen, aus einer Randerscheinung wurde ein Trend, welcher sich immer besser vermarkten lässt. Dabei kommen sogenannte Ökoprodukte heute aus aller Welt und werden immer umfassender nicht nur in Supermärkten angeboten.
Wir fordern einen anderen Weg! Wir wollen ökologisch hochwertige und gesunde Lebensmittel von Bauernhöfen mit fairen Preisen und Marktbedingungen weltweit!“ Historisch betrachtet, gehört der Einzelbauernhof der Vergangenheit an und viele dieser Höfe werden heute im Nebenerwerb betrieben. Problematisch ist auch die Aussage, „mit fairen Preisen und Marktbedingungen weltweit“, also kapitalistische Strukturen, verbunden mit feudaler Produktionsweise? Und was ist ein fairer Preis? Einheitlich wird es keinen geben, da die Lebensbedingungen in den Ländern sehr unterschiedlich sind, dabei ist wichtig, dass die Produzenten von ihrer Arbeit leben können. Auch spielen wesentlich mehr Faktoren eine Rolle, als nur der Preis für die Ware, insbesondere auch der Ware Arbeitskraft, in der Agrarindustrie.
Letztendlich dürfte es den Bauern auch weniger um das Weltweit gehen, sondern um Regionalität! Aber sind landwirtschaftliche Strukturen unter kapitalistischen Bedingungen möglich, welche ihr Hauptaugenmerk auf die Versorgungssicherheit in ihrer Region legen? Erinnern wir uns, in der DDR war es möglich, regionale Selbstversorgung eine Prämisse, in jeder größeren Stadt gab es einen Schlachthof, gab es eine Molkerei und andere weiterverarbeitende Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft. Heute gehört dieses der Geschichte an, weiterverarbeitende Betriebe werden größer, zentraler, spezialisierter. Die Transportwege sind länger und um die Produkte lange haltbar zu halten, werden diese entsprechend manipuliert. Dazu kommt weiterhin die Vernichtung von Unmengen „Kampfstoffe“ auf den Feldern, unter der Prämisse Erträge zu erhöhen, Arbeitsabläufe zu vereinfachen und mit den Folgen, welche nicht unbekannt, oft das Gegenteil von dem hervorbringen, was von der liefernden Industrie versprochen.
Ja, es gibt viele Probleme, allerdings sind diese nicht zu lösen, in dem die Agrarindustrie verteufelt wird und Illusionen von einer Landwirtschaft geweckt werden, welche im System des Kapitalismus keine Perspektive hat! Nun ist es in der Vergangenheit gelungen, bestimmten Entwicklungen in der Landwirtschaft zu begegnen, so wurde z. B. die Käfighaltung von Hühnern abgeschafft, Eier gibt es nun aus Boden- und Freilandhaltung, allein die meisten Betriebe werden industriell bewirtschaftet.
Und noch eins,
„Agrar- und Ernährungspolitik müssen sich an den Interessen der Menschen, Tiere und Umwelt, nicht der Konzerne orientieren.“ und so richtig diese Aussage auch ist, so illusorisch kommt sie im System des Kapital daher. Wie in anderen Fällen auch, wird sich erweisen, dass das Kapital, die Kapitalkumulation im Zentrum politischen Treibens stehen! Auch bleibt zu fragen, warum Mensch Tiere hält? Im Interesse der Tiere, wenn diesen überhaupt ein Interesse unterstellt werden kann? Letzteres wirft die Frage auf, welches Interesse haben Tiere?
Was uns verbindet: wir fordern den Stopp der industriellen Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion und eine Förderung bäuerlicher Betriebe!“
2.) Warum nicht, wir haben die Industrie satt, zurück zum kleinen Handwerksbetrieb? Keine Traktoren mehr auf den Feldern, lasst uns die Kühe wieder vor den Radpflug spannen! Weg mit der Steuer, wir wollen unseren Frondienst wieder haben und die Leibeigenschaft sichert den Bauern seine Existenz! Die Menschen, welche das Land nicht ernährt, können ja in die Städte abwandern und ihre Arbeitskraft dort verkaufen, … wen möglich, wenn nicht, dann können sie auswandern, in die neue Welt zum Beispiel …, oder sich in Kriegen verheizen lassen, dem Gegner Aug im Aug gegenüber! Hatten wir schon mal, ist Geschichte und die neue Welt ist zu einer alten Welt geworden, von Orient bis Okzident! Aber warum dort stehen bleiben, lasst uns in die Wälder ziehen und uns die Früchte in den Mund wachsen, das Wildschaf erlegen und sein Gehirn löffeln, ökologischer geht es nicht!
Schöne alte Welt, alles Ritter, keiner Knecht, oder gehen wir jagen und sammeln, oder naturgegebenen Müßiggang nach und wer auch nur daran denkt, einen Faustkeil zu erfinden, wird mit auf der Erde liegenden Stöcken gesteinigt! Gesellschaftlicher Fortschritt bleibt uns erspart, wenn wir uns die menschliche Gesellschaft sparen, die Barbarei wird im Rückwärtsgang übersprungen und die Wildheit menschlichen Seins negiert, auf die Bäume ihr Affen, der Wald wird nicht gefegt, den das Fegen ist ein menschliches Ding!
Die Landwirtschaft steht am Scheideweg“, zurück in die Zukunft, oder Zurück in die Vergangenheit, das ist nicht die Frage, sondern wie könnte unser zukünftiges Sein sein? „Die Landwirtschaft steht am Scheideweg“, und andere Wirtschaft nicht? Die Wirtschaft als Grundlage unseres gesellschaftlichen Seins, lässt zumindest vermuten, dass unser gesellschaftliches Sein selbst am Scheideweg steht!
So möge in der Landwirtschaft vieles nicht in Ordnung sein, die Ursachen sind aber nicht in der industriellen Landwirtschaft zu finden, sie entspricht schlicht und einfach der Produktivkraftentwicklung unserer Zeit, sondern in den gesellschaftlichen Verhältnissen, welche entscheidend durch die ökonomischen Verhältnisse geprägt werden, diese wiederum erhalten ihre Richtung mittels der Eigentumsverhältnisse!
Eine Demo, oder eine moderne Form der Maschinenstürmerei?

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