Zitat:

Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein. - Bertold Brecht, „Leben des Galilei“

Zitat:

Bedrohlich ist das Volk für die Herrschenden, wenn es ohne Furcht ist.“ -Tacitus (römischer Historiker)

Zitat:

Die Furcht vor Übervölkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. August Bebel

Freitag, 4. November 2016

Zum Beitrag habe ich folgenden Leserbrief ...

In der Jungen Welt fand sich ein Interview zum Thema Reformationsjubiläum, auf dieses Interview wurde ich mittels Facebook aufmerksam und war über die getroffenen Aussagen etwas befremdet. Als objektiv historisch kann die Herangehensweise des Interviewten nicht betrachtet werden, eher als populistisch, reißerisch, verwerfend, verurteilend, nicht urteilend, die konkret historische Situation zu Luthers Zeiten, die gesellschaftlichen Verhältnisse, Entwicklungen, Erkenntnise usw. wsf. werden einfach negiert. Dazu dann noch eine reichlich abwegige Forderung, welche maximal dazu taugt etwas Aufmerksamkeit zu erhaschen, und das war es. Schlussendlich gilt es Luther nicht entsprechend zu würdigen, sondern in Bausch und Bogen zu verurteilen, begründet wird dieses mittels oberflächlicher Betrachtungsweise, in dem einzelne Aussagen Luthers in den Vordergrund gestellt werden, ohne diese im jeweiligen Kontext zu betrachten. Auf die Frage am Ende, wer anstelle Luthers gewürdigt werden solle, fallen nicht etwas Zeitgenossen desselben ein, sondern es wird auf den italienischen Wissenschaftler Galilei zurückgegriffen, mit dessen Leben sich Brecht trefflich auseinandersetze und der kein Zeitgenosse Luthers war, sondern ca. 100 Jahre nach ihm lebte, in einem Italien, welches noch unter der Knute des Katholizismus stöhnte!
Zum Beitrag habe ich folgenden Leserbrief auf der entsprechenden Seite im Internet hinterlassen und bin nun gespannt ob er zumindest zum Beitrag veröffentlicht wird. (Luther war allerdings nicht der erste, welcher der Papstkirche entgegentrat, neben einer ganzen Reihe von Häretiker war der Bekannteste wohl Jan Hus, welcher 1415 für seine Lehre auf dem Scheiterhaufen landete.)
Also warum nicht den Platz der unbekannten Hexe!
Soviel ahistorischen Müll habe ich selten gelesen, hier werden maximal Klischees bedient, von kritischer Auseinandersetzung kann keine Rede sein. Und so sei in diesem Zusammenhang Marx bemüht: „Selbst historisch hat die theoretische Emanzipation eine spezifisch praktische Bedeutung für Deutschland. Deutschlands revolutionäre Vergangenheit ist nämlich theoretisch, es ist die Reformation. Wie damals der Mönch, so ist es jetzt der Philosoph, in dessen Hirn die Revolution beginnt.
Luther hat allerdings die Knechtschaft aus Devotion (Hingabe) besiegt, weil er die Knechtschaft aus Überzeugung an ihre Stelle gesetzt hat. Er hat den Glauben an die Autorität gebrochen, weil er die Autorität des Glaubens restauriert hat. Er hat die Pfaffen in Laien verwandelt, weil er die Laien in Pfaffen verwandelt hat. Er hat den Menschen von der äußeren Religiosität befreit, weil er die Religiosität zum inneren Menschen gemacht hat. Er hat den Leib von der Kette emanzipiert, weil er das Herz in Ketten gelegt.“
Weiter unten ist zu lesen: „Die Revolutionen bedürfen nämlich eines passiven Elements, einer materiellen Grundlage. Die Theorie wird in einem Volk immer nur so weit verwirklicht, als sie die Verwirklichung seiner Bedürfnisse ist.“
Aus: „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, Einleitung“
MEW. Band 1. Seiten 385/6.
Dieses Vorwort ist interessant und jedem Atheisten ans Herz zu legen, allein schon aus dem Grund, um nicht zu dem zu werden, was des Atheismus eigentlicher und einziger Gegenstand ist und durch ihm bekämpft wird! Und so sei ein weiteres Zitat aus obiger Quelle bemüht: „Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.“
Anzumerken wäre noch, dass der Kirche und den Staats-offiziellen dieses Feld der Geschichte nicht überlassen werden sollte, allerdings hilf eine Auseinandersetzung wie im Interview verkündet nicht weiter, ganz im Gegenteil, sie ist Wasser auf die Mühlen der Geschichtsverklärer!

1 Kommentar:

  1. Es ist nicht uninteressant, in den letzten dreißig Jahren konnte ich beobachten, wie in der Erkenntnis immer weiter zurück gegangen wurde, speziell im Zusammenhang mit gesellschaftlicher Entwicklung. Der dialektische und historische Materialismus wurde als erstes geopfert, allerding war er im Westen ohnehin verpönt, dort war der Hang zum Irrationalismus immer schon ausgeprägt. Dann ging es zurück hinter Erkenntnisse der Aufklärung, welche die französische Revolution beflügelt, dann kam Luther an die Reihe, also die Reformation, welche durchaus unterschiedlich daher gekommen, erinnert sei an die Ereignisse in Deutschland, aber auch in der Schweiz. Diese Errungenschaften mussten negiert werden und das Luther-Jubeljahr wurde auch dazu genutzt. Nun geht es weiter zurück und es werden sogar die klassischen, antiken Philosophen in Frage gestellt. Das Denken der Menschen wird auf a-historisch getrimmt und emotional bestimmt, es werden nicht nur Äpfel mit Birnen verglichen, wo durchaus etwas ähnlichkeit vorhanden, sondern Äpfel mit Blättern der Pfefferminze. Der Irrationalismus hat im westlichen Denken seinen Siegeszug angetreten und die Vernunft auf dem Opferstein ewiger Einfalt und religiösen Glaubens geopfert ...

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